Dienstag, 16. Januar 2018

Bauchtaschenbergfest

Da ich gerade aber aus einem Kurzurlaub im Bus zurück nach Hause sitze kann ich ja noch kurz davon berichten.

Ich bin mit Marta zu den Hogenakkal Wasserfällen gefahren. Wir trafen uns in Chennai von wo wir knapp (es ist gerade Pongal was auf deutsch soviel wie volle Straßen ohne Ende bedeutet...ups war das etwa eurozentristisch?) unseren Bus nach Krishnagiri erwischten. Dort suchten wir uns ein Hotel und schliefen erstmal ordentlich. Am nächsten Tag nahmen wir den Bus und fuhren ca. 3-4 Stunden zu den Wasserfällen. Kaum aus dem Bus ausgestiegen wurden wir von Fahrern umworben wie man es von den Städten kennt jedoch waren es keine Rikscha Fahrer sondern Bootsführer welche uns zu den Wasserfällen paddeln wollten. Wir zahlten ca. 10 Euro um 90 Minuten in einem Rundboot (eine Wortwörtliche Nussschale) durch die Wasserfälle gefahren zu werden. Wir hatten viel Spaß da der Paddler es witzig fand so nah an die Wasserfälle zu fahren dass wir von der Gischt komplett Nass wurden. Zum Abschluss gab es noch einen Chai und dann ab zurück in den Bus.

Wir fuhren schon eine ganze Weile als Marta meinte "der Typ da glotzt uns die ganze Zeit so an, das nervt". Und tatsächlich saß quer hinter uns ein Mann welcher uns ganz offen anstarrte. Ich schaute ihn an und lächelte ein wenig zu enthusiastisch um es ihm ein wenig unbehaglich zu machen. Er zuckte kurz mit seinen Mundwinkeln und schaute dann weg. Soweit eine Situation wie wir sie fast jeden Tag erleben. Kurz nachdem der Bus von einer Haltestelle losfuhr und gerade fahrt aufnahm schnappte der Typ sich meine (naja Jule's) Bauchtasche welche ich locker auf meinen Schoß gelegt hatte da der Bus so leer war das ich nichts in die Richtung befürchtete. Der Mann sprang aus dem Bus (welche hier keine Türen haben) welcher mitlerweile so viel Geschwindigkeit erreicht hatte, dass der Mann es nicht mehr schaffte zu laufen sondern stolperte und hart auf der Straße aufschlug. Ich brüllte sofort "STOP STOP" und der Bus hielt an. Der Mann hatte sich wieder aufgerappelt und rannte davon. Er stolperte ein weiteres mal und ich kam ihm näher. Er rannte über die dunkle Straße des kleinen Ortes. Ich  brüllte ihn während ich ihn verfolgte so laut an wie ich es schon lang nicht mehr getan hatte. Ein weißer Schreihals nachts in Indien ruft natürlich schnell andere Inder auf den Plan so hoffte ich. Der Mann verschwand in einer Gasse und ich rannte ihm hinterher. Er rannte über ein kleines Stück Land voller Büsche welches jedoch mit Stacheldraht umzäunt war. Ich stoppte zum Glück rechtzeitig und sah wie der Mann stolperte und hinter einem Busch verschwand. ca. 5 andere Inder erreichten mich und ich erklärte ihnen aufgeregt was passiert war. Wir standen kurz am Rande des Feldes bis der Mann sich wieder in Bewegung setzte und  auf eine Straße zu rannte. Wir sprangen über den Stacheldraht und folgten ihm (kurze Anmerkung: Ich war zwar voll mit Adrenalin und zudem Stinksauer aber ich war mir trotzdem bewusst welche Gefahr die Situation mit sich trägt und habe mich in der Gruppe der Inder bewegt welche von meiner Stimmung irgendwie angesteckt schienen). Wir verloren den Mann kurz aus den Augen bis wir hörten wie sich jemand durch den buschigen Abhang ca. 30 Meter vor uns kämpfte. Die anderen und ich stiegen den Abhang hoch und die Taschenlampe eines Handys traf einen Mann welcher mit blutigem Gesicht auf dem Boden saß und realisierte was er sich soeben eingebrockt hatte. Er war zu schwach um weiter zu rennen und hatte sich bei dem Sturz aus dem Bus zu stark verletzt um zu fliehen. Die anderen Männer gingen zu ihm und schlugen unter Beleidigungen auf ihn ein und forderten mich auf es ihnen gleichzutun was ich ablehnte. Ich bekam meine Bauchtasche (mit Handy, Portemonnaie und Hotelzimmerschlüssel) zurück und die Männer zerrten den Mann ca. 300 Meter zurück wo uns ca. 20, auf einen Polizisten einredende Menschen, ein wartender Bus sowie Marta erwarteten. Der Mann wurde sofort in den Mittelpunkt der Menge  gezerrt und dem Polizisten übergeben. Die Stimmung war aufgeheizt und die Leute waren spürbar sauer. Der Busfahrer winkte uns jedoch sofort wieder zum Bus sodass er seine Fahrt fortsetzen konnte. Ein Mann reichte mir noch schnell eine Wasserflasche hinterher und bedankte sich mehrfach bei mir. Wofür habe ich noch immer nicht verstanden.

Ich hatte meine Bauchtasche also wieder. Aber dazu auch noch ein paar Schrammen und den Schreck meines Lebens.

Ein seltsames Gefühl bleibt trotzdem. Der Mann hat eine Entscheidung getroffen mit der Hoffnung auf das schnelle Geld. Er steckte seiner Kleidung und seiner Uhr nach zu urteilen nicht in finanziellen Schwierigkeiten wobei ich hier natürlich nur Mutmaßungen anstellen kann. Doch selbst nach dem Sturz auf die Straße setzte er seine Flucht fort. Die Selbstjustiz meiner Helfer (welche ich mit einem "you can stop, police will handle" nicht stoppen konnte) heiße  ich in keinster Weise gut jedoch hält sich mein Mitleid für den Mann auch in Grenzen da er wusste was passiert wenn er nicht damit davon kommt. Er ist in Tamil Nadu aufgewachsen und weiß um die Mentalität seiner Mitmenschen sowie das damit verbundene Risiko.

Also macht's besser! Augen auf und Tasche um!

Den nächsten Tag unternahmen wir vormittags nichts und verließen das Hotel nur einmal um etwas essen zu gehen. Leider erwischten wir den fettigsten Veg-Burger Indiens welcher uns den ganzen Tag aggressiv zu verstehen gab das Bewegung eine sehr sehr schlechte Idee sei. Am Tag darauf standen wir früh auf und machten uns auf den Weg um einen nahegelegenen Berg zu besteigen. Auf dem Berg steht ein altes Fort welches man über eine lange Treppe erreichen konnte. Dies war uns jedoch zu langweilig und wir beschlossen die ca. 700 Meter an der anderen Seite des Berges zu klettern. Es war unbeschreiblich schön denn ich hatte vergessen wie viel Spaß klettern dich machte. Oben angekommen erwartete uns jedoch eine böse Überraschung. Das Fort war logischerweise von einer Mauer umgeben welche man natürlich nicht einfach hinaufklettern konnte. Vom regulären Eingang trennte uns zudem noch eine unüberwindbare Schlucht. Zum Glück fanden wir einen kleinen Geheimgang welcher ca. 1.20 hoch war. Er führte uns an den Rand des Forts wo die Mauer heruntergebrochen war und wir so hineingelangen konnten. Wir genossen die Aussicht stiegen dann über die Treppen wieder hinab. Abends aßen wir ein paar Pommes in der Stadt und beendeten den Tag welcher genau die Hälfte meiner Zeit hier in Indien markierte mit ein paar Früchten und Schokolade in unserem Zimmer. Am nächsten Morgen (heute) fuhren wir nach Chennai wo ich mich von Marta verabschiedete und in den Bus zu mir nach Hause stieg in welchem ich Momentan sitze. So, neuer und aktueller geht's nicht.

Bis was passiert!

Chainachten und Neujahr

Hallöchen alle miteinander. Nun haben wir ja schon eine Weile nichts voneinander gehört (naja bzw. Ihr nichts von mir) und deshalb schreibe ich euch einen kleinen Bericht wie ich Weihnachten und Neujahr verbracht habe.

Weihnachten fuhren Fabian und ich zuerst ins Projekt um dort ein heimisches Essen für das ganze Dorf zu kochen. Am Vortag besorgten wir in Pondicherry alles nötige. Es gab Milchreis mit Zimt und Zucker. Da ich vom Milchreis Kochen genauso wenig verstand wie Fabian haben wir natürlich viel zu viel Reis gekauft. Als wir morgens ins Projekt kamen und uns ans Werk machen wollten fiel uns auf dass die Milch von den Kühen aus unserem Projekt, welche wir reserviert hatten, bereits verkauft wurde. Also ab auf das Bike und zurück ins übernächste Dorf wo wir den Gesamten Milchbestand unseres Lieblingsshops aufkauften. Da unser Projekt wohl auch ein paar Christliche Einflüsse hat gab es neben unserem Milchreis noch ein sehr leckeres Vegetarisches Biryani (Reis gemischt mit Gewürzen und Gemüse). Unser Milchreis wurde wieder Erwarten ziemlich gut und konnte die anfänglich Recht große Skepsis der Member beiseite wischen. Danach verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Weg nach Pondicherry wo wir uns mit anderen Freiwilligen trafen um mit ihnen in unserer Unterkunft zusammen Weihnachten zu feiern. Wir gingen noch in einem hübschen Restaurant etwas essen und fuhren dann mit dem Bus zu uns ins Dorf. Nach der nervenzerreißenden Alkoholkontrolle im Bus (wir müssen jedes mal über eine Bundesgrenze) bei welcher wir jedoch unkontrolliert blieben erreichten wir unser Dorf. Wir machten Glühwein und hörten Weihnachtsmusik. Dann Wichtelten wir und  ich bekam ein neues Notizheft samt Stiften (probs an Niko). 

Am nächsten Tag verabschiedeten wir unsere Gäste und ich machte mich kurz darauf auf den Weg nach Goa. Ich fuhr zuerst nach Chennai wo ich mich mit Jule und Marta traf. Von dort sind wir mit einem Bus nach Bangalore gefahren wo wir einen Zug bis nach Goa nahmen. Zug fahren hat es mir sehr angetan zumal wir Sleeper Plätze hatten (jeder hat eine liege zum Schlafen). Türen und Fenster hatte der Zug auch nicht was eine ungehinderte Sicht und schöne Bilder ermöglichte. Nach 16 Stunden kamen wir in Goa an wo wir zuerst zum Strand gingen um zu baden. Danach fuhren wir mit den lokalen Bussen zu unserem Ferienhaus in welchem wir mit 13 anderen Freiwilligen einen (zu) kleinen Raum gemietet hatten da alles andere bereits ausgebucht war. Die nächsten drei Tage verbrachten wir auf einem großen Musikfestival auf welchem viele berühmte Künstler auftraten. Goa ist sehr sehr westlich und man merkt wie der Tourismus den einst unter portugiesischer Herrschaft geführten Bundesstaat beschlagnahmt. Hippie Aussteigerpaket für nur 399€. Aber wenn man 5 Monate im extrem Konservativen Tamil-Nadu lebt dann will man auch einmal vergessen dürfen an welche Etikette man sich nun zu halten hat. Wir waren auf dem Ballermann Indiens angekommen. Aber so ganz ohne Grenzen geht es dann doch nicht. Am zweiten Tag wurde ich auf dem Festival kurzzeitig von der Polizei festgenommen. Ich habe es mir doch tatsächlich erlaubt eine Zigarette zu rauchen. Klar da muss erstmal Strafe gezahlt werden. Trotz des kleinen Dämpfers hatten wir eine tolle Zeit dort. Am 4 Tag lagen wir am Strand und ließen uns unter Palmen bräunen und taten mit größtem Vergnügen nichts. Am letzten Tag des Jahres standen wir früh auf und fuhren zu einem Beachresort wo am Abend eine große Silvesterfeier steigen sollte. Durch ein paar Kontakte zum Veranstalter konnten wir und ca. 20 andere Freiwillige dem knackigen Eintritt entgehen und so mitfeiern. Wir hatten einen schönen Abend welcher jedoch hinter meinen Erwartungen zurück blieb. Am frühen Morgen nahmen wir ein Taxi zurück zu unserem Ferienhaus. Am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg nach Hause. Wir fuhren mit einem Schlafbus zunächst nach Bangalore wo wir uns dann trennten. Ich war zu meiner Überraschung der einzige im Bus nach Pondicherry was mir ermöglichte 7 Stunden lang meine Sachen überall im Bus zum trocknen aufzuhängen, laut zu singen und zu sitzen/liegen wo ich wollte.

Das war's zu Weihnachten und Silvester, bis demnächst!